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Hans Lang: Rotweinpionier des Rheingaus

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Hans Lang: Rotweinpionier des Rheingaus

Als nach den letzten grossen Weinskandalen Mitte der 1980er Jahre in Deutschland junge Winzer begannen, sich neu zu orientieren, machte sich dies zunächst vor allem bei den Rotweinen bemerkbar. 1985 hatte Joachim Heger eine Maxime formuliert, die bald für viele zur Leitschnur wurde. Er meinte damals, er sehe zum Barriqueausbau für den Spätburgunder keine Alternative.

Das bedeutete nichts anderes als einen scharfen Paradigmenwechsel: weg von der eigenen Tradition der in grossen Holzfässern oft mit etwas Restsüsse ausgebauten Spätburgundern, denen ein Opa-Image anhing und die ausserhalb der Landesgrenzen praktisch unverkäuflich waren, hin zu «modernen», sich an den grossen Vorbildern Burgunds messenden Pinots noirs. Zu den Pionieren dieser Neuausrichtung gehörten u. a. Werner Näkel an der Ahr, Joachim Heger und Bernhard Huber in Baden, August Kesseler und Hans Lang im Rheingau.

Hans Lang hatte das Unternehmen, damals mehr Weinhandel als Weingut, 1972 nach dem frühen Tod des Vaters übernommen. Als Erstes trennte er das Weingut vom Weinhandel und begann Weinberge zu pachten und neu anzulegen. Von anfangs fünf Hektar wuchs es zu einem stattlichen Betrieb mit 20 Hektar Rebfläche in sehr guten Lagen. Als sich abzeichnete, dass seine Tochter das Weingut nicht übernehmen würde, entschlossen er und seine Frau Gabriele sich 2013 zum Verkauf und fanden in der ehemaligen VDP-Geschäftsführerin Eva Raps und ihrem Schweizer Lebensgefährten Urban Kaufmann ebenso kompetente wie engagierte Nachfolger.

Die beiden richteten im Januar 2015 eine «Hommage an Hans Lang» aus, eine Lebenswerkprobe mit Weinen aus den Jahrgängen 1978 bis 2013. Sie machte deutlich, in welchen Schritten von damals bis heute die stilistische Entwicklung des deutschen Rotweins vor sich ging. Von einem typischen Vertreter der alten Art über die ersten Gehversuche (wenig Alkohol zu viel Holz) über extreme Auswüchse (zu viel Alkohol und Überreife) bis hin zum perfekt gemeisterten Holzeinsatz gepaart mit lebendiger, reifer Frucht. Anfangs mussten diese Weine noch als Tafelweine deklariert werden, da der Barriqueausbau in Deutschland zwar nicht mehr verboten war, aber für Qualitätsweine noch nicht erlaubt. Man kann über so viel Engstirnigkeit der Behörden heute nur noch schmunzeln.

 Verkostungsnotizen Hans Lang

1978 Hans Lang Höllenberg Spätburgunder: Grantrot, leichter Braunrand. In der Nase brauner Zucker, Kandis, feine Oxydationsnoten, etwas rauchiges Karamell. Am Gaumen noch deutliche Reste von Säure, kleine Süsse. Kurzer Abgang. Da fehlt halt eindeutig der Alkohol (10, 5 Vol.-%).
14/20 –vorbei

1987 Hans Lang Spätburgunder Barrique Deutscher Tafelwein: Ein Kuriosum aus der Zeit, in der ein Barriqueausbau in Deutschland zwar nicht mehr verboten, aber für Qualitätsweine nicht erlaubt war. Relativ helle Farbe, aber noch immer rubinrot. Ein Bukett mit zarter roter Frucht, reif, aber noch keine Überreife. Trotz des kleinen Jahrgangs hat sich der Wein sehr gut gehalten und ist noch gut zu trinken, erstaunlich elegant mit guter Balance von Säure und einer feinen Süsse.
16/20 –austrinken

1989 Hans Lang Spätburgunder Barrique: Rubinrot mit Grantrand. 1. Flasche leider im Bukett etwas lädiert. 2. Flasche dann mit einer schönen roten Frucht, sehr reif, feine, delikate Würze. Am Gaumen eine wunderbare Süsse, schöne Säure, etwas Karamell. Guter Abgang. Ich kann mich an diesen Wein in seiner Jugend noch gut erinnern. Wegen des massiven Holzeinsatzes galt er vielen damals als untrinkbar. Die Zeit hat uns eines Besseren belehrt.
16/20 –austrinken

1991 Hans Lang Spätburgunder Barrique: Viel Depot. Rubinrot mit etwas hellem Granatrand. In der Nase eine wunderbar ausgereifte, komplexe Würze: leicht geröstetes Mirepoix, karamellisierter Sellerie. Am Gaumen ein ausgewogener, feiner Wein, schöne Würze und Süsse, noch saftig und eine gewisse Frische, aber etwas kurz im Abgang.
16+/20 –austrinken

1991 Hans Lang Höllenberg Spätburgunder: Ausbau im klassischen Doppelstück. Rubinrot. Nase mit einer verhaltenen, feinen Würze, zurückhaltend, erdig, mineralisch. Am Gaumen ein geschmeidiger Wein, elegant, fein, angenehme Säure, guter Abgang.
16+/20 –austrinken

1992 Hans Lang Spätburgunder Barrique: Viel Depot. Dunkles Rubinrot. Nase mit einer dichten, komplexen Würze. Am Gaumen noch recht frisch, noch eine deutliche, straffe Tanninstruktur. Dichte Art, opulent, süss und saftig. Guter Abgang.
17/20 –2020

1993 Hans Lang Spätburgunder: Rubinrot. Nase verhalten, rotfruchtig, feine Würze. Am Gaumen weich und süss, aber auch schon etwas oxydativ. Kurzer Abgang. Dieser Jahrgang schwächelt deutlich.
15+/20 –austrinken

1993 Hans Lang Spätburgunder Barrique (Magnum): Rubinrot mit leicht hellem Rand. Nase mit roter Frucht und etwas Orangenschale. Am Gaumen leicht süsssauer. Mittlerer Abgang. Nicht mehr so richtig harmonisch.
16/20 –austrinken

1997 Hans Lang Spätburgunder Barrique: Recht dunkles Rubinrot. Nase verschlossen, rauchig, etwas Holz. Am Gaumen frisch, saftig, schöner, unverwüstlicher Stoff. Fruchtbetont, aber alles gut in Holz eingebettet. Guter Abgang. Straffe Tannine. Jetzt schon zu trinken, aber auch Zukunft.
16 +/20 –2025

1997 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Dunkles Rubinrot. Nase verschlossen. Leicht rauchig, feine Gewürznoten. Am Gaumen frisch, stoffig und fest, schöne Mineralität, leicht pelzig. Dicht mit viel Kraft und Konzentration. Langer Abgang.
17+/20 2025–30

1998 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Rubinrot mit leicht hellem Grantrand. Nase sehr reif und fortgeschritten im Vergleich zu 1997. Erste kleine Oxydation. Am Gaumen dann doch recht frisch, deutliche Säure, straffe Tannine, aber etwas kurz im Abgang.
16/20 –2020

1999 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian «R» Rubinrot: Bukett eines gut gereiften Burgunders mit dunkler Frucht, etwas Unterholz, zarte Rauchnoten, Mineralität. Am Gaumen noch frisch, schöne saftige Frucht, samtige Tannine, etwas Säure, gut eingebunden. Jetzt fast optimal zu trinken.
17+/20 –2025

2000 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian (Magnum): Dunkles Rubinrot. In der Nase dunkle Frucht, rauchig, würzig komplex. Ein kraftvoller Wein mit Biss, gerbstoffbetont, feste Tannine, langer Abgang. Noch nicht so reif wie der 1999er. Braucht mehr Zeit und Luft.
18/20 –2030

2002 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian «R»: Rubinrot. Nase mit einer recht frischen Frucht, etwas Cassis. Am Gaumen schlank und sehr kurz im Abgang. Nicht das Format der anderen JMs.
16/20 –austrinken

2003 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian «R»: 1. Flasche Kork. 2. Flasche Rubinrot. Nase verhalten, recht verschlossen, nur einige feine rauchig-mineralische Noten. Am Gaumen dann aber frisch und saftig, schöne rote Frucht mit einer wunderbar sinnlichen Süsse. Das Holz ist vollkommen integriert. Trotz der Fülle und des Alkohol (14 Vol.-%) eine strahlende Eleganz. Langer Nachhall und Abgang. Grosser Wein aus einem extremen Jahr.
18/20 –2030

2003 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian «RR»: Mit seinen 15,5 Vol.-% Alkohol ist dieser Wein eher eines der Negativbeispiele für das heisse Extremjahr 2003. Dunkles Rubinrot. Dichte Nase mit Lakritz, Rauch, Teer, Bitumen, gerösteten Pflaumen, kompottartig. Am Gaumen dicht und opulent, aber auch arg alkoholisch. Portsüsse. Überextrahiert.
16/20 –austrinken

2006 Hans Lang Johann Maximilian: Rubinrot. Eine rauchig-mineralische Nase, kaum Frucht, nur Würze. Am Gaumen erdig, mineralisch, aber dabei elegant mit frischer Frucht. Zeigt jetzt eine erste schöne Trinkreife. Deutlicher Abgang.
17/20 –2025

2007 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian «R»: Rubinrot. Nase frisch, Cassis und Kirschfrucht. Am Gaumen frisch, saftig mit einer wunderbaren burgundischen Fruchtigkeit. Das ist saftig, zeigt aber auch eine erste Reife. Man kann den Wein jetzt schon mit viel Vergnügen trinken, aber besser wäre es, ihn noch einige Jahre ruhen zu lassen.
18/20 –2030

2008 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Rubinrot. Nase mit roter Frucht, feiner Würze. Am Gaumen etwas dünner als der 2007er, flacher und kürzer. Angenehme Säure, etwas Kräuternuancen. Auch dieser Wein ist jetzt schon gut zu trinken, aber er hat nicht die Zukunft.
17/20 –2020

2009 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Dunkles Rubinrot. Nase mit etwas Schuhpolitur, rauchig, teerig-dunkle Fruchtsüsse, alles aber fein nuanciert. Am Gaumen ein schöner, dichter Wein, geschmeidig mit feiner Säure und Süsse. Guter Abgang.
16+/20 –2020

2011 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Rubinrot. Schöne, dichte Art in der Nase mit feiner Würze und roter Frucht. Am Gaumen wieder mal ein sehr burgundischer Wein von mittlerer Statur, aber sehr angenehm, süss und frisch, elegant. Guter Abgang. Jetzt schon erstaunlich gut zu trinken.
17 +/20 –2025

2012 Hans Lang Spätburgunder Johann Maximilian: Rubinrot. Nase würzig, noch etwas stark vom Holz geprägt, aber das wird sich erfahrungsgemäss mit der Zeit einbinden. Am Gaumen noch etwas kantig, unfertig und hart. Probiert sich jetzt sehr schwer und ist auch nicht zum Trinken zu empfehlen. Da sind neben der dunklen Frucht rauchige und mineralische Komponenten, eine feine Süsse, aber das geht alles noch nicht zusammen. Sehr gute Anlagen für die Zukunft.
18/20 –2030

Auf dem Beitragsfoto: Rotweinpionier Hans Lang 2015

Text und Foto: Mario Scheuermann


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