Eine Verkostung bei Petrus ist immer was ganz Besonderes. Nicht nur wegen der regelmäßig herausragenden Qualität. Es ist inzwischen auch eine Art Wohlfühloase inmitten der straff getakteten Primeurs. Denn während woanders hektische Betriebsamkeit herrscht, geht es hier gemächlich zu. Das liegt daran, dass nur noch ganz wenige Journalisten bei Petrus reinkommen und Händler inzwischen so gut wie gar nicht mehr empfangen werden, egal wie groß und wichtig sie sein mögen. Man hat vor einigen Jahren die Vertriebsstruktur verändert, so dass nur noch wenige Adressen den Wein bekommen. In Deutschland sind das Unger Weine, Schlumberger und Geisels Vinothek in München. Dieses Jahr hatte ich die Gelegenheit, die drei großen Pomerol-Ikonen direkt hintereinander zu probieren. Weingutsdirektor und Weinmacher Olivier Berrouet nahm sich gut 30 Minuten Zeit, um mit mir im Verkostungsraum ausführlich zu verkosten und den Jahrgang zu besprechen. Auch in diesem Jahr ist Petrus von außergewöhnlicher Qualität.
Schon die Farbe ist satter, mehr ein dunkles Burgunderrot mit recht wenig Rand mit einem violetten Einschlag. Nach dem eher hellfarbenen, krokanten 2021er wieder ein eher dunkler Typ. Vom Charakter her zeigte er sich erstmal fast verschlossen und scheu. Die unbändige Kraft und Tiefe offenbart er erst im Mund. Ein Kraftpaket im Maßanzug. Aber irgendwie auch geheimnisvoll. «I hope that is positive», fragt mich Olivier. Ja, antworte ich und er fügt noch hinzu: «It will be great with age». Zu 2023 sagt er: «Wir waren von der Intensität der Aromatik und der hohen Tanninkonzentration überrascht. Deswegen haben wir in allen Bereichen auf die Bremse getreten und sanft extrahiert», erklärt mir Olivier Berrouet. Vielleicht braucht die «Faust im Handschuh» noch mindestens zehn Jahre, um all seine Geheimnisse preiszugeben. Die Notiz finden Sie in der aktuellen Ausgabe und unserer Datenbank.